Marktmeinung: Zentralbanken, wie weiter?

Nach der lang anhaltenden Negativzinsphase und der steigenden Inflation haben die Zentralbanken die Zinsen angehoben. Doch wie kam es zu dieser Zinswende, welche Auswirkungen hat sie auf die Weltwirtschaft, und wie sieht die Zukunft aus?

Wie kam es zu dieser Zinswende?

Nachdem die Verbraucherpreise nach der Pandemie im Jahr 2020 weltweit stark angestiegen sind, haben die Zentralbanken seit Jahrzehnten die längste Phase von Zinserhöhungen eingeleitet, um die Inflation einzudämmen. Seit Ende 2021 haben die geldpolitischen Entscheidungsträger die Zinssätze in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften um durchschnittlich 400 Basispunkte und in den Schwellenländern um rund 650 Basispunkte angehoben.

 

Wie reagierte die Schweizerische Nationalbank auf die Zinserhöhungen?

Auch hierzulande musste die Schweizerische Nationalbank (SNB) intervenieren: Im Jahr 2022 stieg die Inflation stark an und erreichte einen Höchststand von 3,5 Prozent. Daraufhin erhöhte das Team um Thomas Jordan den Leitzins fünfmal in Folge auf insgesamt 1,75 Prozent.

 

Haben die Zinserhöhungen der Zentralbanken gewirkt? Im Allgemeinen scheinen die Massnahmen der Zentralbanken zu wirken, da die Verbraucherpreise weltweit gesunken sind. In der Schweiz ist die Inflation deutlich zurückgegangen und liegt nun unter der 2-Prozent-Marke, was dem von der SNB festgelegten Preisstabilitätsband entspricht. Wenn man sich die Zahlen im Einzelnen ansieht, fällt auf, dass die Inflation weltweit zurückgegangen ist. Dies vor allem, weil die Energiepreise gesunken sind und die Versorgungsketten, die lange Zeit durch die Pandemie blockiert waren, wieder besser funktionieren.

 

Befinden wir uns dennoch in einer Phase erhöhter Inflation?

Ja. Trotz den guten Entwicklungen hält sich die Inflation ausserhalb der Schweiz hartnäckig. Sowohl in den USA als auch in Europa sind die Verbraucherpreise noch weit von der Zielmarke der Zentralbanken in Höhe von 2 Prozent entfernt.

 

Welche Auswirkungen hat die Zinserhöhung auf die Wirtschaftsleistung?

Trotz dem positiven Einfluss auf die Inflation leidet die Wirtschaftsleistung unter der Negativfolge der Zinserhöhungen. In einem Forschungspapier der Federal Reserve in San Francisco heisst es, dass ein Anstieg der Zinssätze um 1 Prozent das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwölf Jahre lang um 5 Prozent senken kann. Auch die zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsdaten aus den G-7-Ländern zeigen deutliche Anzeichen einer Konjunkturabschwächung. Gemäss dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraussichtlich nur um 0,2 Prozent wachsen. Ähnliche Töne sind auch aus unserem Nachbarland Frankreich zu hören. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hat die BIP-Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,4 Prozent auf 1 Prozent reduziert.

 

Wie sehen die Wachstumsaussichten in der Schweiz aus?

Hierzulande sind die Wachstumsaussichten nicht gerade rosig. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erwartet für die Schweiz in diesem Jahr ein deutlich unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent (bereinigt um Sportereignisse).

 

Teilt die Bank CIC die Meinung des SECO?

Wir sind betreffend Wachstumszahlen eher zurückhaltend: Für die Weltwirtschaft erwarten wir ein leicht positives Wachstum. In der zweiten Hälfte des Jahres erwarten wir eine leichte Belebung der Konjunktur. Wichtig ist, zwischen den Regionen zu unterscheiden, denn wir sehen ein jährliches Wachstum unter Potenzial in den USA und der Schweiz, während eine technische Rezession in der Eurozone möglich ist.

 

Und wie geht es jetzt weiter?

Während die führenden Notenbanken wie die Europäische Zentralbank oder die Federal Reserve noch auf eine bessere Datengrundlage für die anstehenden Leitzinssenkungen warten, senkte die SNB bereits an ihrer Märzsitzung den Leitzins von 1,75 auf 1,5 Prozent, um den Franken zu schwächen und die Wirtschaft zu unterstützen. Damit vermeldete die SNB als erste grosse Zentralbank den Sieg über die Inflation. Unserer Meinung nach werden die Europäische Zentralbank (EZB) und die Federal Reserve ihre Leitzinsen nach den Sommermonaten ebenfalls senken. Der von der Wirtschaft ausgehende Druck auf die Zentralbanken, die Zinsen zu senken, nimmt laufend zu. Bis Ende Jahr erwartet der Mark in den USA und der Eurozone eine Reduktion der Leitzinsen von jeweils einem und in der Schweiz noch zwei weiteren Zinsschritten auf 1 Prozent.

 

Von welchen Faktoren werden die Zentralbanken ihre Entscheidung abhängig machen?

Bevor sich die Zentralbanken dem Wirtschaftswachstum zuwenden, wollen sie zunächst die Gewissheit haben, dass die

Verbraucherpreise auf einem niedrigen Niveau bleiben. In der Zwischenzeit üben sich die Zentralbanker in Geduld und werden die Marktteilnehmer vertrösten müssen, denn weder EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch Notenbankchef Jerome Powell wollen dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie die Zinsen senken und gleichzeitig die Inflation wieder ansteigen lassen.

 

Welche Auswirkungen hätten Zinssenkungen auf den Finanzmarkt?

Die Finanzmärkte könnten von den bevorstehenden Zinssenkungen profitieren: Die Geschichte hat gezeigt, dass Aktien in den zwölf Monaten nach dem Ende eines Zinserhöhungszyklus in der Regel steigen, da die Anleger Zinssenkungen antizipieren und dadurch dem Wirtschaftswachstum Rückenwind für Unternehmensumsätze und –gewinne verleihen.