100 Tage Trump: Tanzen, solange die Musik spielt

3 Fragen an Mario Geniale, Chief Investment Officer der Banque CIC (Suisse)

100 Tage Trump und die Märkte haben sich sehr euphorisch entwickelt. Wie erklärt sich diese Euphorie?

Die Märkte haben positiver als erwartet auf die vielen Ankündigungen und Wahlversprechen wie beispielsweise das Infrastrukturprogramm oder die Senkung der Unternehmenssteuern reagiert. Daneben haben in den vergangenen Monaten sicherlich auch die guten Wirtschaftsdaten und gute Unternehmensergebnisse ihren Beitrag zur Hausse an den Aktienmärkten beigetragen. Seit Jahresbeginn haben wir deshalb unsere Aktienpositionen schrittweise ausgebaut.

 

Wie lange hält die Euphorie an den Aktienmärkten an? Sollte man sich im Mai in die Sommerpause verabschieden oder ist das zu früh?

Ankündigungen gab es viele, geliefert hat Donald Trump in den ersten 100 Tagen eigentlich noch nichts. Der Gegenwind des Parlaments und der Gerichte war wohl heftiger als er erwartet hat. Latent bleibt also ein Unsicherheitspotenzial. Kaum haben sich die Märkte etwas beruhigt, hat Donald Trump letzte Woche mit dem angekündigten Steuerprogramm wieder ein starkes Signal gesetzt. Ob er sich dieses Mal im Parlament durchsetzen kann, bleibt offen. Die hohe Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit lässt Widerstand erwarten.

 

Trump setzt auf Signaleffekte. Und die Börse setzt auf Hoffnung. Wenn wir aus den letzten 100 Tagen etwas lernen können, dann folgendes: Trump setzt auf Signaleffekte. Und die Börse setzt auf Hoffnung. In Europa kommen weitere positive Effekte hinzu. Der erste Wahlgang in Frankreich deutet auf eine wirtschafts- und europafreundliche Entscheidung hin. Und auch die Umsetzung des Brexit tritt mit den Wahlen in Grossbritannien bis im Sommer in den Hintergrund. Nicht zuletzt übertreffen die Unternehmensergebnisse weiterhin die Erwartungen der Analysten.

 

Grund genug weiterhin auf Aktien zu setzen?

Ja. Wir erwarten bei den Aktien bis zum Ende des zweiten Quartals eine Rendite im einstelligen Prozentbereich. Dies gilt übrigens nicht nur für die US-Börsen, sondern auch für andere Aktienmärkte, die vom Sog in den USA profitieren werden. Die zuletzt positiveren Wirtschaftsdaten und die im Vergleich tieferen Bewertungen machen die europäischen Aktien im Moment besonders attraktiv. Währungsrisiken spielen aktuell für Schweizer Anleger keine Rolle. Für das zweite Halbjahr 2017 sind wir eher zurückhaltend, denn dann werden sich die Unsicherheiten, die jetzt in den Hintergrund gedrängt wurden, wieder stärker zeigen. Im Juni sollte man deshalb eine Absicherung prüfen. Aber solange die Musik spielt, sollten wir auch tanzen. Und dank Donald Trump dürfte die Musik mindestens noch bis im Juni weiterspielen.