Legen Sie den Aktien-Kippschalter um!

Aktienstrategie: Wer sein Schweizer Aktienengagement selbst in die Hände nehmen möchte, kann durch eine relativ einfache Strategie, die den Wechsel von einem ETF in einen anderen beinhaltet, dauerhaft den Gesamtmarkt schlagen. Und das, ohne in übereilten Aktionismus zu verfallen.

Für Langfristinvestoren, die sich über die nächsten 8-10 Jahren am Schweizer Aktienmarkt engagieren wollen, gibt es eine lukrative Aktienstrategie, die entweder in grosskapitalisierte Unternehmen (SMI wie Roche Novartis und Nestlé) oder mittelkapitalisierten Unternehmen (SMIM wie VAT Group, Swatch oder Lindt) investiert ist. Zugegeben, ein wenig technisches «Know-how» ist nötig, aber die Komplexität der Zusammenhänge ist nicht allzu hoch. Versprochen!

Warum mittelkapitalisierte Unternehmen?

Dynamische Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn und das Potenzial, von grossen Unternehmen übernommen zu werden, drücken sich generell in höheren Aktienbewertungen bei mittelgrossen Unternehmen aus. Wer die letzten 10 Jahre des Schweizer Aktienmarktes unter die Lupe nimmt, erkennt eine beträchtliche Überperformance der klein- und mittelgrossen Unternehmen gegenüber den bewährten Schwergewichten im SMI. Samt Dividende betrug die SMI-Performance 99%, während der SMI-Mittel mit 142% davoneilte. Gewitzte Anlegerinnen und Anleger könnten nun ein dauerhaftes Investment in den SMI-Mittel als allheilsbringende Strategie anpreisen, erleben jedoch Ernüchterung beim Blick auf die SMIM-Performance von 19% in den letzten 5 Jahren gegenüber dem SMI mit 45%. Unweigerlich drängt sich eine ausgeklügelte Strategie auf, wie man sein Aktienengagement zwischen den SMI und den SMI-Mittel aufteilen sollte, oder ob ein kompletter Wechsel vom SMI in den SMIM Sinn ergibt.

Idee: Quantitative Analyse zwischen SMI und SMIM

Grafik 1 illustriert in Rot das Verhältnis der Tagespreise des SMI-Mittel und des SMI in den letzten 5 Jahren. Ein steigendes Verhältnis deutet auf eine Überperformance des SMIM gegenüber des SMI hin. Der graue Mantel um dieses Verhältnis stellt das 200-Tages-Bollinger-Band dar, welches ein statistisches Mass für die Schwankungsbreite des Verhältnisses ist und als Signalgeber dient. Sollte die rote Linie das obere Bollinger-Band durchkreuzen, wie im Punkt 1 dargestellt, legt man den Kippschalter um und verkauft die SMIM-Position und kauft die SMI-Position. In Punkt 2 wird wieder gewechselt und man schliesst die SMI zugunsten der SMIM Position, da diesmal das untere Bollinger-Band nach unten durchbrochen wurde. Was ist zwischendurch im Jahr 2018 passiert? Das Verhältnis ist stark gefallen und drückt eine Unterperformance der SMIM Titel aus, während der SMI aufgrund des Liquiditätsentzugs der FED eher gesucht wurde. Ab Mitte 2018 (2) bis zum Punkt 3 in der Grafik bleibt die Strategie im SMIM und verschläft zwar den Covid-19-Knick im März 2020, weist jedoch eine Überperformance gegenüber des SMI aus. Ab Punkt 3 geht es wieder in den SMI und man sattelt rechtzeitig um, bevor Inflation und restriktive Geldpolitik die Feierlaune am Aktienmarkt verderben. Seit Punkt 4 und damit seit Oktober 2022 ist die Strategie wieder im SMIM investiert und die steigende rote Linie zeigt, dass dies die richtige Entscheidung war. Eine Anmerkung zur Grafik sei noch erwähnt: Ein- und Ausstiege wären zu früheren Zeitpunkten schon möglich gewesen, aber recht unprofitabel gewesen (1a), weshalb ein Volatilitätsfilter (in grau) über die Strategie gelegt wurde. Nur in diesem grauen Bereich kommt ein Wechsel in Betracht.

Umsetzung mit ETFs

Neben einem Tabellenkalkulationsprogramm wie Excel braucht es die Zeitreihen des SMI und des SMIM, die es im Internet gibt. Kalkulationen des Bollinger-Bandes sind auch unzählig im Internet verfügbar. Die kostengünstigen ETFs auf den SMI und SMIM bieten sich als Handelswerkzeuge an. Hohe Liquidität, enge Spreads und die Abdeckung des Gesamtmarktes sind nur einige nennenswerte Gründe für diese Wahl.

Verhältnis SMI Mittel und SMI mit Bollinger-Band

 

Vorteile

Wer keine Zeit und Musse hat, nach sogenannten und oft hoch angepriesenen «Qualitätstiteln» Ausschau zu halten, den Gewinnrevisionen und Analysten-Ratings zu folgen oder mit direktem Einzeltitelengagement keine guten Erfahrungen gemacht hat, sollte sich diese passive Kippschalter-Strategie zu Gemüte ziehen. Denn sie schaltet einige grössere Fehler aus, die Anlegerinnen und Anleger am Aktienmarkt machen könnten: Man ist immer investiert, denn den Markt überlisten und selbst Aktienallokation von 100 auf 0 Prozent drosseln, hat sich langfristig nicht ausgezahlt oder ist nur Marktbeobachtern zu raten, die täglich das Börsengeschehen beobachten. Zusätzlich ist man breit diversifiziert und hat damit kein Einzelrisiko auf ein paar Aktien, die heute hochgelobt werden und morgen vielleicht bankrott sind. Ausserdem agiert man ohne Emotion, eine schlechte und verhängnisvolle Freundin am Finanzmarkt, mit der oft überbewertete Aktien gekauft werden und am Tiefpunkt und grossem Verlust aus dem Portfolio fliegen. Und zu guter Letzt ist das Orakeln um BIP-Prognosen, Geopolitik, der bevorstehenden Zinswende oder den Konjunkturzyklen kein Thema, denn der Aktienmarkt antizipiert das kommende Makroumfeld schneller als es in den Zeitungen steht. Die grössten Aktienrallys begannen in wirtschaftlichen Rezessionen wie im Jahr 2009 oder 2020, als Covid-19 die Welt zum Erliegen brachte.

Ermutigendes Resultat

Die Kippschalter-Strategie, die 4-mal in den letzten 5 Jahren aktiv war, erzielte eine Gesamtperformance von 77% inklusive Dividenden, während der SMI die eingangs erwähnten 45% zulegte. Eine Überperformance von immerhin 32%, die sich sehen lassen kann, ohne dass man in komplizierte Analysemethoden verfällt oder ständig den Markt überwachen muss. Dies stellt ein Einstiegs-Setup dar, das sich um eine Vielzahl von Filtern erweitern lässt, um beispielsweise Ein- oder Ausstiege zu optimieren oder das Positionsmanagement in Tranchen aufzuteilen. Versuchen Sie es und legen Sie selbst den Schalter um!