Dokumentargeschäft für Unternehmer – Ein Expertenkommentar aus der Praxis

Mit Dokumentargeschäften können international tätige Unternehmen ihre Transaktionen absichern. Es handelt sich dabei um standardisierte Absicherungsinstrumente, die sowohl dem Käufer wir auch dem Verkäufer mehr Sicherheit bringen.

Die im Rahmen der Studie „Financial Literacy der Unternehmer“ ermittelten Angaben, zeigen ein Bild, das mit meinen Erfahrungen übereinstimmt. Eine Mehrheit der befragten Unternehmer gibt an, die Instrumente des Dokumentarinkassos und –akkreditivs zu kennen, gleichwohl wurden diese in den letzten 12 Monaten nur gerade von rund 15% der Unternehmer benutzt. Da stellt sich natürlich die Frage: Warum?


Basierend auf den Erfahrungen, die ich in fast 20 Jahren mit verschiedenen Kunden im Aussenhandel gesammelt habe, ist insbesondere die hohe Selbsteinschätzung zur Kenntnis der entsprechenden Instrumente im Dokumentargeschäft, zu relativieren.


Das Wissen um die Funktionsweise eine Dokumentarinkassos oder eines Akkreditivs ist oftmals oberflächlich und entsprechend höher sind die Hürden, entsprechende Lösungen in Betracht zu ziehen.


Aufgrund der beteiligten Parteien und der vielfältigen, internationalen Formalitäten, ergibt sich eine Komplexität, die anfänglich abschreckend wirken können. Gleichzeitig unterschätzen viele international tätige Unternehmen den Nutzen von Dokumentargeschäften. Viele Exporteure und Importeure haben wiederholt negative Erfahrungen gemacht, sei es, dass die Zahlung nicht fristgerecht, nicht vollständig oder gar nicht erfolgte oder sei es, dass die Ware nicht in der richtigen Qualität oder Quantität geliefert wurde. Diese Probleme lassen sich mit spezialisierten Verpflichtungskrediten und Garantien limitieren.


Nachfolgend zwei praktische Beispiele:

Kurzbeispiel für den Einsatz eines Akkreditivs im Export:

Unser Kunde ist in der Herstellung von Maschinen tätig und exportiert diese unter anderem nach China. Die Zahlung der Lieferung wird mittels eines Akkreditivs abgesichert. Der Verkäufer hat somit die Gewissheit, dass er die Zahlung nach Lieferung der Ware und gegen Vorlage der entsprechenden Dokumente (allesamt im Akkreditiv geregelt) von der Bank des Importeurs erhält. Soll nur ein Teil des Warenwertes mittels dieses Akkreditivs abgesichert werden respektive vor Herstellung der Ware eine Anzahlung geleistet werden müssen, kann hierzu mittels einer Bankgarantie die Warenlieferung ergänzend abgesichert werden (Anzahlungsgarantie). Dieselbe Möglichkeit besteht, wenn die Funktionstüchtigkeit und eine Garantieperiode abgedeckt werden sollen (Gewährleistungsgarantie).


Kurzbeispiel für den Einsatz eines Dokumentarinkassos im Import:

Unser Kunde verkauft diverse Fertigprodukte an Drittkunden. Diese Produkte bezieht er von diversen Firmen aus verschiedenen Ländern und bestellt in der Regel kleinere Mengen. Zwischen dem Käufer (unserem Kunden) und den diversen Verkäufern wurde vereinbart, die Abwicklungen dieser Transaktionen mittels Dokumentarinkasso abzusichern. Die Parteien einigen sich auf die unter dem Dokumentarinkasso zu präsentierenden Dokumente. Unser Kunde erhält die unter dem Inkasso präsentierten Dokumente erst dann, wenn er uns zur Bezahlung der Ware ermächtigt. Mit den Dokumenten wird er die Ware in Empfang nehmen können. Gleichzeitig werden wir die Zahlung der Ware an den Verkäufer auslösen.


Meine konkreten Tipps an Unternehmer:

  • Unternehmer, die regelmässig Waren exportieren oder importieren und dabei ein jährliches Volumen von CHF 500‘000 überschreiten, sollten sich über die Absicherungsmöglichkeiten, die sich mit Dokumentargeschäften realisieren lassen, vertieft informieren. Der Aufwand lohnt sich in vielen Fällen.

  • Der administrative Aufwand reduziert sich, wenn die beteiligten Parteien gleich bleiben. Unternehmer können demnach mit relativ wenig Aufwand ihre Transaktionen absichern und profitieren von einem schnelleren Service des Bankenpartners.

  • ‚Know your Customer‘. Auch wenn ein Unternehmer sich mit Dokumentargeschäften absichert, bleibt es unerlässlich, dass man sich über seine Vertragspartner informiert.
  • Es ist für alle Parteien vorteilhaft, wenn sich ein Unternehmen mit den Produkten des Dokumentargeschäfts vorgängig auseinandersetzt und erst danach mit der Bank spricht. Die Bank kann darauf gezielt auf Fragen eingehen und rasch konkrete Lösungsvorschläge unterbreiten.