Der Schweizer Finanzplatz im Wettbewerb mit dem internationalen Finanzplatz

Interview zwischen Luca Carrozzo und dem Verband schweizerischer Vermögensverwalter.

Die Schweizer Banken haben kürzlich ihre Ergebnisse vorgelegt. Können Sie aus den Daten schliessen, dass die Schweiz im internationalen Wettbewerb nach wie vor gut aufgestellt ist?

 

Die Ergebnisse sind für die Banken ausgezeichnet. Das Zinsumfeld war sicher ein wichtiger Faktor. Langfristig müssen Schweizer Banken die Widerstandsfähigkeit stärken und das Geschäftsmodell diversifizieren. Die gute Nachricht ist, dass auch die verwalteten Vermögen wieder einmal zugenommen haben.

In einem Interview, das kürzlich in unserem Jahrbuch 2023 erschienen ist, erklärte der Wirtschaftshistoriker und Professor an der Universität Zürich Tobias Straumann, dass der Schweizer Finanzplatz international an Bedeutung verloren hat und sieht keine Alternative zu dieser Entwicklung. Haben wir wirklich den Zug verpasst?

 

Meiner Meinung nach gibt es noch viel zu tun. Wenn man an der Spitze steht, muss man mehr tun, um auf diesem Niveau zu bleiben. Die Schweiz profitiert von der globalen Unsicherheit, die leider auch in den nächsten Jahren nicht nachlassen wird. Die Gewinnmargen schrumpfen und alternative Dienstleistungen sind gefragt. Allerdings muss man auch sagen, dass die Schweizer Banken etwa 10 % des gesamten BIP des Landes erwirtschaften. Dieser Anteil ist seit 2011 auf diesem Niveau geblieben. Die Schweizer Banken beschäftigen mehr als 200 000 Menschen und der Service ist hervorragend. Die Politik wird sicherlich dazu beitragen müssen, dass die Rahmenbedingungen günstig bleiben.

Wie kann man sicherstellen, dass die Schweiz im Banking in Zukunft führend bleibt? Auf welche Stärken sollte sich der Finanzplatz konzentrieren?

 

Die Stärke der Schweizer Banken liegt in ihrem Personal. Wir verfügen über einen ausgezeichneten Talentpool an jungen Menschen, die in die Finanzwelt einsteigen wollen und sich für diese spannende Branche interessieren und begeistern. Zudem ist die Dienstleistungsmentalität im Vergleich zu Italien oder Deutschland auf einem sehr hohen Niveau. Bei einer Schweizer Bank findet der Kunde einen kompletten Service von hervorragender Qualität (Private Banking, Vermögensverwaltung, Kredite usw.).

Was suchen Kunden, die sich von Schweizer Banken begleiten lassen? Was sind die Vorteile des Schweizer Finanzplatzes?

 

Perfekter Service, Sicherheit, Innovation, Qualität und Stabilität. Die Stärke ist nach wie vor der Schweizer Franken, der gegenüber allen wichtigen Währungen um durchschnittlich 3% pro Jahr an Wert gewinnt. Auch die SNB spielt eine wichtige Rolle: Die Schweizerische Nationalbank ist eine der Hauptakteurinnen im CBDC-Test (Central Bank Digital Currency).

Die Regulierung des Finanzsektors nimmt seit Jahren zu. Kann diese Tendenz durchbrochen werden, oder ist das in dieser Branche nicht möglich?

 

Die Regulierung bleibt eine Herausforderung. Leider wird die Regulierung in Zukunft zunehmen. Die Konsolidierung der zwei Grossbanken in der Schweiz hat sicher nicht dazu beigetragen, diesen Trend zu stoppen. Wir sollten versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden und nicht jedes Land für sich allein. Ein gutes Beispiel ist die Schweiz, die gerade dabei ist, ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich abzuschliessen.