Die Stiftung Wunderlampe im Gespräch

Interview mit Karin Haug-Bleuler, Geschäftsleiterin und Mitbegründerin der Stiftung Wunderlampe

Die Stiftung Wunderlampe wurde vor über 20 Jahren ins Leben gerufen. Was gab den Anlass zur Gründung?
Vor etwas mehr als zwanzig Jahren war ich zugegen, als einem schwerkranken Familienmitglied ein Herzenswunsch erfüllt wurde. Mitzuerleben, welche Glücksgefühle dieses Erlebnis bei der betroffenen Person auslöste und wie positiv sich dies auf ihre Verfassung auswirkte, gab mir den Impuls, mich in diese Richtung zu engagieren. So gründete ich zusammen mit meinem Mann und Freunden, welche die Idee ebenfalls tatkräftig unterstützten, im Jahr 2001 die Stiftung Wunderlampe. Mittlerweile hat die Stiftung ihren Sitz in Winterthur und beschäftigt insgesamt sieben Mitarbeitende. Sie ist als NPO national anerkannt, in allen Kantonen steuerbefreit und untersteht der Kontrolle der Eidg. Stiftungsaufsichtsbehörde des EDI.

Für was engagiert sich die Stiftung?
Die Stiftung Wunderlampe erfüllt Herzenswünsche von schwer kranken oder behinderten Kindern und Jugendlichen in der ganzen Schweiz. Es handelt sich dabei ausschliesslich um Erlebniswünsche, deren Erfüllung den Wunschkindern und ihren Familien einen unbeschwerten, rundum glücklichen Tag bescheren soll. Während einer Wunscherfüllung sind immer ein bis zwei Traumteammitglieder zugegen, welche das Wunschkind und seine Familie begleiten, für alles sorgen und das Erlebnis auch fotografisch und filmisch festhalten, damit das Wunschkind seinen grossen Tag auch hinterher zuhause immer wieder aufs Neue erleben kann. Alle Mitglieder des Traumteams arbeiten ehrenamtlich und werden sorgfältig in ihre Aufgabe eingeführt und begleitet. Gesamtschweizerisch engagieren sich so rund siebzig Personen als Wunschbegleiterinnen und -begleiter.

Kurz vor dem Lockdown konnten wir den 2000. Herzenswunsch seit der Gründung der Stiftung erfüllen. Mittlerweile erfüllen wir pro Woche (ausserhalb der Pandemiezeit) drei bis vier Herzenswünsche, das sind pro Jahr bis zu 200.

Gibt es einen Traum, der dank der Stiftung wahr werden konnte, der für Sie etwas ganz Besonderes war?
Für mich ist jeder Wunsch, den ich persönlich miterlebt habe, etwas ganz Besonderes, und jeder Herzenswunsch ist individuell, selbst wenn sich die Wünsche vom Inhalt her manchmal ähneln. Ein spezieller Wunsch der jüngsten Zeit war der 2000. Herzenswunsch, den wir erfüllen durften. Wir konnten der 5-jährigen Lisa ermöglichen, eine Probe des Tonhallen-Orchesters mitten unter den Musikern mitzuerleben. Lisa kam als gesundes Baby zur Welt und erlitt im Alter von zwei Jahren eine schwere Lungenentzündung, welche zu einem Organversagen führte. Durch den kurzzeitigen Sauerstoffmangel nahm Lisas Gehirn schweren Schaden und sie lebt seither mit einer Cerebral Parese. Lisa liebt klassische Musik über alles und nimmt die Klänge der Instrumente nicht nur übers Gehör, sondern über den ganzen Körper auf. Mitzuerleben, wie das kleine Mädchen buchstäblich aufblühte und so gelöst und glücklich wie kaum je war, bedeutete auch für mich und alle Anwesenden eine unbeschreibliche Freude.

Konnten Sie auch in der Zeit von Corona Herzenswünsche von Kindern und Jugendlichen wahr werden lassen?
Die meisten Kinder und Jugendlichen, denen wir Herzenswünsche erfüllen, gehören zu den durch die Pandemie am meisten gefährdeten Personen. Deshalb beschlossen wir bereits im Februar schweren Herzens, auf physische Wunscherfüllungen zu verzichten. Wir mussten so über 40 bereits organisierte Wünsche auf unbestimmte Zeit hinaus verschieben. Wenn man einmal miterlebt hat, wie sehr sich die Wunschkinder und ihre Familie auf das angekündigte Erlebnis freuen, weiss man auch, was die Nachricht der Wunschaufschiebung für sie bedeutet. Deshalb haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Alternativen zu schaffen. Zur Überbrückung der Wunsch-Karenzzeit haben wir die Videogespräche entwickelt und konnte schon im März mit deren Umsetzung beginnen. Dabei ermöglichen wir den Wunschkindern ein Gespräch mit einer Person ihrer Wahl über Video. Das kann eine bekannte Persönlichkeit wie ein Musiker, Komiker oder eine Sportlerin sein, aber auch jemand, der einen besonderen Beruf ausübt wie ein Lokführer oder ein Schiffskapitän. Eine der ersten Videobegegnungen konnten wir mit der Sängerin Anastacia für Laura organisieren. Dieses Gespräch war so persönlich und emotional, dass nicht nur Laura, ihre Mutter und Schwester, sondern auch die US-Künstlerin selber und wir von der Wunderlampe Tränen der Rührung in den Augen hatten.

Welche Werte verbinden die Stiftung Wunderlampe und die Bank CIC Ihrer Meinung nach?
Alle, die bei der Wunderlampe arbeiten oder sich für die Wunderlampe einsetzen, tun dies sehr engagiert und mit viel Herzblut. Kein Kind ist wie das andere, deshalb wird jeder Erlebniswunsch massgeschneidert auf die Bedürfnisse und die Lebenssituation des Kindes organisiert und erfüllt. Individualität und Flexibilität sind wichtige Aspekte, welche bei jeder Wunscherfüllung stets zum Tragen kommen. Denn selbst wenn alles bis ins kleinste Detail organisiert und vorbereitet ist, kann es am Wunschtag selber zu Änderungen kommen, auf die unsere Wunschbegleiterinnen und -begleiter rasch und sehr flexibel reagieren müssen. Manchmal muss ein Wunsch auf kurzfristig verschoben werden, sei es aufgrund der Wetterbedingungen oder dem Gesundheitszustand des Kindes. Wir gehen mit viel Einfühlungsvermögen, Verständnis und Empathie auf die Bedürfnisse der Wunschkinder und ihrer Familien ein, um genau herauszufinden, was ihnen die grösste Freude bereitet. Sobald ein Herzenswunsch bei uns eintrifft, ist dies für uns ein verbindliches Engagement und wir setzen alles daran, auch Wünsche, deren Erfüllung zu Beginn fast unmöglich erscheint, zu verwirklichen. Dafür braucht es nicht nur viel Zuversicht und Optimismus, sondern auch eine grosse Portion Innovationsgeist. Dass wir davon einiges besitzen, ist uns nun auch während des Lockdowns zu Gute gekommen.

Wo sehen Sie die Stiftung Wunderlampe in zehn Jahren? Gibt es Ihrerseits Träume, die Sie mit der Stiftung realisieren möchten?
Wir hoffen, dass wir auch in zehn Jahren noch in der Lage sein werden, jedem kranken oder behinderten Kind/Jugendlichen, das bei uns einen Herzenswunsch einreicht, einen Wunschtraum zu erfüllen. Damit dies möglich ist, sind wir auf die Hilfe vieler angewiesen, welche uns mit Spenden, Gönnerbeiträgen, Dienstleistungen oder auch Naturalspenden unterstützen. Ganz wichtig sind dabei auch alle Partner bei Wunscherfüllungen, die wesentlich dazu beitragen, dass unsere Erlebniswünsche zu unvergesslichen Glücksmomenten werden, indem sie sich Zeit nehmen für unsere Wunschkinder und ihre Familien, ganz individuell auf diese besonderen Gäste/BesucherInnen eingehen und viel Verständnis aufbringen für Menschen, deren Alltag sich von jenem der meisten anderen unterscheidet.