Zukunft sichern. Der Generationenwechsel findet jetzt statt.

«Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert», lautet ein Sprichwort von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Ich bin mir sicher, dass der Zirkus eine grosse Zukunft hat, solange wir junge Artistinnen und Artisten in ihrer Entwicklung unterstützen. Die neue Generation von Berufsartisten revolutioniert den klassischen Zirkus. Sie versteht und interpretiert ihn als darstellende Kunst, gibt ihm mehr Inhalt und Dramaturgie. Die Jungen behandeln in ihren Performances gesellschaftliche Themen, erzählen auf der Bühne Lebensgeschichten und mischen verschiedene Formen der darstellenden Künste. Die Artistik wird Ausdrucksmittel für den Inhalt und für ein grösseres Ganzes. Dabei legen Sie eine unheimliche Passion an den Tag, die ich für unterstützenswürdig halte.

Ich möchte den jungen Artisten helfen, dass der Zirkus als Kulturform mehr Anerkennung erhält. Dabei ist immer noch viel Erklärungsbedarf nötig, vor allem in der Schweiz. Denn in Ländern wie Frankreich, Belgien, Holland oder in Skandinavien sehen die Förderung und die Ausbildung ganz anders aus. Heutzutage kommen die jungen Profi-Artisten häufiger aus dem Leistungssport, wie Kunstturnen, oder aus Jugendzirkussen und Hobby-Schulen. Da es in der Schweiz keine professionelle weiterführende Förderung gibt, hören die meisten Jugendlichen irgendwann mit dem Zirkus auf und gehen einem anderen Beruf nach. Viele Zirkusschaffende haben die Möglichkeiten respektive die Ressourcen nicht, sich für das Thema genügend einzusetzen. Diese Rolle übernehmen wir als YOUNG STAGE zu einem gewissen Grad.

«You have to care about.»

Seit rund zehn Jahren kümmere ich mich nun intensiv um die Nachwuchsförderung. Am Festival können Artisten Engagements in diversen Showproduktionen gewinnen, sie erhalten konstruktive Feedbacks unserer Jurymitglieder und wir beraten sie in diversen Workshops. Zudem veranstalten wir mit YOUNG STAGE Netzwerk-Events wie das Zirkus-Speed-Dating, wo sich Produzenten und Künstler auf unkomplizierte Weise kennenlernen können. Ein moderner Artist muss enorm vielseitig und breit aufgestellt sein, wenn er in modernen Produktionen auftreten möchte. Nicht selten ist ein Artist gleichzeitig grossartiger Akrobat, Musiker, Tänzer und Comedian, und entsprechend sind die Ausbildungen heute aufgebaut. Die Ansprüche sind extrem hoch.

Das Allerwichtigste ist, dass wir die Artisten anspornen, an ihren Traum zu glauben. Wir motivieren sie, für den Zirkus einzustehen und nach den Sternen zu greifen. Artist sein hat sehr viel mit Passion, Mut und Herzblut zu tun – und das geben wir ihnen mit auf den Weg. Wir zeigen ihnen, dass es Leute wie uns gibt, die das, was sie tun, lieben. Ich bin laufend mit Artisten aus der ganzen Welt im Kontakt, ich berate, vermittle und unterstütze sie. Das wird enorm geschätzt. Es gibt das berühmte Zirkusvirus, das stets weitergegeben wird. Ich denke, das wird auch so bleiben. Wir müssen jedoch intensiv daran arbeiten, dass junge, motivierte Künstler weiterkommen, dass auch in der Schweiz Ausbildungsplätze und Fördermittel zur Verfügung stehen, damit die Jungen ihrer Leidenschaft nachgehen, sie professionalisieren und sich entfalten können. Wenn das gelingt, wird der Zirkus die Kulturlandschaft enorm bereichern und in den kommenden Jahren auch ein neues Publikum ansprechen, das vielleicht bisher eher ins Theater oder in die Oper gegangen ist.