Mit Wind in den Segeln das Potenzial von Europas Märkten ausschöpfen

Über ein halbes Jahrhundert hinweg ist aus der Leidenschaft von zwei Segelfreunden ein führender Grosshändler für Sport- und Lifestyle-Artikel geworden. Letztes Jahr hat Bucher + Walt einen besonderen Sprung nach vorne gemacht und Dakine Europe übernommen. Die Transaktion ist auch darum gelungen, weil die Bank CIC mit im Boot war.

Bei ihrer ersten Segelregatta auf dem Zürichsee haben Manfred Bucher und Pierre Walt die Erfolgswelle verpasst. Die Jugendlichen landeten auf dem letzten Platz. Sie kannten sich aus der Sekundarschule, absolvierten eine kaufmännische Lehre und versuchten sich zuerst als Ruderer, dann als Segler. «Unser erstes Boot war eine Occasion. Da mussten wir viele Löcher flicken», erinnert sich Manfred Bucher.

 

Schnell lernte das Duo, hart am Wind zu segeln. Mit dem KV-Diplom in der Tasche zogen Bucher und Walt an den Genfersee, um ihr Französisch aufzubessern – und stiessen auf eine Seglerszene, bei der sie bald mitmischten. Während seines Studiums in England segelte Pierre Walt in jeder freien Minute und lernte Materialhersteller wie Henri Lloyd, Proctor und Seasure kennen. Eines Tages nutzte er die Gelegenheit, ein Boot direkt vom Produzenten zu erwerben. Sämtliche Apparaturen und Beschläge galt es, selbst auf dem Rumpf zu montieren. «Das gab uns ein vertieftes technisches Verständnis», meint Pierre Walt.

Die Ausrüstung der Gewinner

Mit dem Boot gewann Manfred Bucher als Neuling die Schweizer Meisterschaften. Weitere Auszeichnungen für ihn folgten, Pierre Walt holte sich sogar Weltmeistertitel. «Es dauerte nicht lange und die Konkurrenten erkundigten sich nach dem Material», schmunzelt Bucher. Die Geburtsstunde von Bucher + Walt war gekommen. Offizielles Gründungsdatum: 1. Dezember 1966.

Was als Zweimann-Hobby begann, hat sich zur schweizweit ersten Adresse für Zubehör im Wassersport gemausert. 1984 siedelte das Unternehmen nach Saint-Blaise an den Neuenburgersee über. Ein zweites Standbein kam hinzu: der Grosshandel mit Sport- und Lifestyleprodukten und elektronischen Geräten.

Allein in der Schweiz arbeiten über 60 Menschen für Bucher + Walt; im Sortiment befinden sich ungefähr 15 000 Produkte. Obwohl sich die Gründer nach wie vor im Betrieb einbringen, haben die Söhne Julien Bucher und Romain Walt – sie sind vor über zehn Jahren ins Geschäft eingestiegen – das Steuer übernommen. Auch auf sie ist der Sportsgeist übergeschwappt. Romain segelt im Team gemeinsam mit seinem Vater, Julien flitzt mit Wakeboards übers Wasser.

 

Eine Anfrage aus den USA

Starken Rückenwind hat Bucher + Walt im letzten Jahr erhalten: Als langjähriger Vertriebspartner konnte das Unternehmen nämlich Dakine Europe mit Sitz im französischen Annecy übernehmen. Nun ist man in Saint-Blaise für die Aktivitäten von Dakine in den Schlüsselmärkten Frankreich, Deutschland, Benelux, Österreich, Spanien, Andorra, Schweiz, Grossbritannien, Irland und Italien zuständig.

Ist ein solcher Umsatzsprung nicht gewagt? Julien Bucher winkt ab: «Es waren die neuen amerikanischen Besitzer von Dakine Equipment – Marquee Brands – selbst, die uns ihr Europageschäft anvertrauen wollten. Sie merkten, dass ihnen das Know-how für die europäischen Märkte fehlt.» Ausserdem hatten sie genau auf die Zahlen geschaut: Pro Kopf erwirtschaftete Bucher + Walt schon bisher den höchsten Umsatz mit der Marke Dakine.

«Anders als in unseren Gründerjahren brauchte es für einen solchen Deal weit mehr als einen Handschlag», stellt Manfred Bucher klar. So fanden Gespräche mit Banken statt, die sich allesamt interessiert zeigten – aufgrund der Transaktionskomplexität mit der Zielgesellschaft in Frankreich aber auf später vertrösteten. Bis Bucher + Walt von einem Treuhänder einen Tipp erhielt: Man solle mit der Abteilung Corporate Finance der Bank CIC Kontakt aufnehmen.

Deal mit drei Rechtssystemen

Bei Thierry P. Lovis, Kundenberater und Leiter Key Clients der Bank CIC in Neuenburg, stiessen die Unternehmer auf offene Ohren. «Statt nur auf die Zahlen zu schielen, hat sich die Bank CIC die Zeit genommen, um unser Geschäftsmodell zu verstehen. Das entspricht exakt unserer Denkweise», erzählt Romain Walt. Allerdings sei der zeitliche Rahmen sportlich gewesen, räumt Thierry P. Lovis ein. «Eine Herausforderung lag darin, dass eine Übernahmefinanzierung drei Rechtssysteme berücksichtigen musste – das amerikanische, das französische und das schweizerische», betont Jean-Pierre Cuendet, Spezialist für Corporate Finance der Bank. «Aufgrund der kurzen Entscheidungswege innerhalb der Bank konnten wir flexibel auf die Anforderungen eingehen und eine massgeschneiderte Lösungsvariante präsentieren», fügt Cuendet hinzu.

Nach intensiven Verhandlungen fand sich eine Lösung, die für alle Beteiligten von Vorteil war. Sie konnten den Lagerbestand zum Realwert erwerben und obendrein die Rechte für die Online-Vermarktung aushandeln. Im Gegenzug erhielt Marquee Brands die Gewissheit, dass ihre Produkte in Europa professionell positioniert werden. Und das Schönste: «Zu unserer Überraschung freuten sich die Mitarbeitenden in Frankreich, zu uns zu gehören. Sie spürten, dass wir ihre Marke auf Erfolgskurs bringen würden», schwärmt Romain Walt. Die Kultur in Annecy passe zu jener in Staint-Blaise. Das Know-how an den Standorten ergänze sich perfekt.

«Natürlich stehen noch viele anspruchsvolle Aufgaben an, wie beispielsweise die Optimierung der IT-Infrastruktur», gibt Julien Bucher zu. Längerfristig schwebt ihm aber eine Ausweitung des europäischen Geschäfts vor.