Mit der langsamen Öffnung der Wirtschaft schärft sich das Bild, das diese Krise zeichnet

Es öffnet sich eine Diskrepanz zwischen der Realwirtschaft und der Entwicklung der Aktienmärkte. Wie sollte man nun als Anleger agieren?

Die Märkte ackern sich wieder Richtung Vorjahresniveau: Die Auswirkungen der Coronakrise gehen spurlos an den Finanzmärkten vorbei. Die Wahrnehmung der Investoren richtet sich nach den stark medial verbreiteten Nachrichten, dass eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten die Folgen rasch eindämmen kann. Der SMI notiert fünfstellig und wird zuletzt von zyklischen Sektoren wie Finanz und Industrie getrieben.

Wenig überraschend führen Titel aus dem Gesundheitswesen, defensive Werte und Technologieunternehmen die Rangliste seit Jahresanfang an. Als Profiteure der Coronakrise gelten die Titel der Pharmazulieferer Bachem und Lonza, des Laborausrüsters Tecan sowie der Versandapotheke Zur Rose.

Defensive Titel wie zum Beispiel BKW, Givaudan oder Sunrise wurden hauptsächlich aufgrund der hohen und stabilen Dividendenausschüttungen gekauft. Technologiewerte wie Also oder Logitech profitierten vom Trend zum Homeoffice. Alle diese Titel sind ungeachtet ihrer Qualität teilweise deutlich zu hoch bewertet und werden daher bei einer kurzfristigen Korrektur keinen Schutz bieten können.

Denn aktuell notiert der SMI knapp über der 200-Tage-Linie. Diese technische Barriere dürfte nur bei einer Verbesserung der Fundamentaldaten nachhaltig überschritten werden. Kurzfristig ist das Aufwärtspotenzial limitiert. Zum einen ist der Markt stark überkauft und zum anderen sind Investoren bezüglich der erwarteten Wirtschaftserholung zu optimistisch. Immerhin erwartet das Wirtschaftssekretariat Seco für das Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von –5,8% und eine Arbeitslosenquote von 4,7%. Das ist im Europa-Vergleich recht robust, dank des flexiblen Massnahmenkataloges des Schweizer Bundesrates. Finanzakteure haben diese Entwicklung antizipiert und schauen in Richtung 2021, in der die Wirtschaft wieder um 4,9% anziehen soll.

Diese Projektion kann den SMI in den nächsten zwölf Monaten auf neue Höchstkurse hieven. Die Auswirkungen der schwersten Rezession seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren dürften dann vorüber sein und die Wirtschaft wird auf ihren langfristigen Wachstumspfad zurückkehren. Tina, die langjährige Weggefährtin der Investoren, rückt wieder in den Vordergrund. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es auch in einem Jahr keine Alternative zu Aktien, da die Zentralbanken mit ihrer anhaltend expansiven Geldpolitik die Zinsen tief halten. Aber nicht nur die Schweiz profitiert von dieser Entwicklung: Europas langsame Entscheidungsfindung war zuvor immer wieder ein Argument, den Finanzplatz gegenüber den USA und Asien zu meiden. Doch die Investoren wurden zuletzt von Plänen eines Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Mrd. Euro überrascht. Sie ziehen nun europäische Aktien vor. Auch die Agilität der US-Wirtschaft ist bemerkenswert. Eine flexible und schnelle Unterstützung von Kongress und Zentralbank dämmen die Auswirkungen der Coronakrise auf die Realwirtschaft ein.

Die US-Präsidentschaftswahlen werden nur einen begrenzten Einfluss auf die Börsen haben. Der unberechenbare Präsident Donald Trump ist für die Investoren durchaus berechenbar, da er trotz aller Polemik eine wirtschaftsfreundliche Politik verfolgt. Vom Herausforderer Joe Biden werden keine grossen Änderungen in der Wirtschaftspolitik erwartet. Der Trend zur De-Globalisierung wird ebenso anhalten, wie das sino-amerikanische Gerangel um die geopolitische Macht. Sollte Biden Präsident werden, wird sich der Ton ändern, die Musik jedoch nicht.

Etwas kritischer könnte jedoch die Entwicklung in Asien aussehen: Die Leistungsbilanzen der asiatischen Länder werden aufgrund der erhöhten Staatsverschuldung der Abnehmer (Europa und USA) unter Druck kommen und den asiatischen Wachstumsmotor zum Stottern bringen.

Deswegen sind drei Eckpfeiler für Aktieninvestitionen in diesen fragilen Zeiten besonders wichtig: stabile Umsätze, schlanke Verschuldung und Innovationen. Hier treten der Sportartikelhersteller Adidas, das Bekleidungsunternehmen Inditex und das Industrieunternehmen Schneider hervor. In der Schweiz beweisen dies Sika und Lonza sowie die drei Basisinvestments Roche, Novartis und Nestlé.

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