Volkswirtschaftliche Perspektiven: Transformationsprozess im Finanzsektor

Die Finanzmärkte haben sich nach dem Markteinbruch im Februar V-förmig erholt. Dieser Entwicklung liegt die Erwartung einer deutlichen Belebung der Konjunktur im zweiten Halbjahr zugrunde.

Ein mögliches Ende der Rezession durch geldpolitische Massnahmen und hohe Erwartungen in die Zukunft sollten aber nicht mit der Überwindung der aktuellen Krise verwechselt werden. Bevor die Wirtschaftsleistung wieder an das Vorkrisenniveau anknüpfen kann, dürfte noch einige Zeit verstreichen. Dieser Umstand birgt das Risiko, dass die Insolvenzfälle bei Unternehmen ab Herbst ansteigen könnten.

Eine Studie von S&P kommt zum Ergebnis, dass die Ausfallraten von Krediten mit schlechter Bonität in den nächsten zwölf Monaten in einem Basisszenario auf 8,5 Prozent ansteigen werden. Dies entspricht etwas mehr als einer Verdopplung. Die durch Kreditausfälle am stärksten gefährdeten Branchen sind Freizeit, Reiseindustrie, Energie, Luftfahrt und Automobilindustrie.

Transformationsprozess im Finanzsektor
Aktuell ist nicht davon auszugehen, dass die erwarteten Kreditausfälle zu einer weiteren europäischen Bankenkrise führen werden. Unbestritten ist jedoch, dass sich die Ertragslage bei den Banken im aktuellen Umfeld eintrüben wird, was den durch die Digitalisierung ausgelösten Marktbereinigungsprozess weiter beschleunigen dürfte. Um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Profitabilität wieder zu erhöhen, dürfte ein schnelles strategisches Handeln bei den Finanzinstituten gefragt sein. Radikale Massnahmen sind deshalb auch im Finanzsektor unvermeidbar.