Zwischen Stärke und Stagnation: Ein Blick auf Franken, Zinsen, Dividenden

In einer Zeit, in der die weltweiten Börsenindizes neue Höhen erklimmen, sticht die Schweizer Börse mit einer bemerkenswerten Zurückhaltung hervor. Trotz der beeindruckenden Leistung von Dax, CAC 40, DJIA und S&P 500, die alle neue Rekorde aufstellen, bleibt der Schweizer Aktienmarkt rund 10% unter seinem Allzeithoch von Ende 2021. Diese Entwicklung wirft Fragen auf, insbesondere da der Schweizer Franken gegenüber dem USD und EUR stark aufgewertet hat und wichtige Unternehmen wie Roche und Nestlé schwächeln. In unserem Interview mit Chief Investment Officer Luca Carrozzo beleuchten wir die Gründe hinter der schwachen Performance der Schweizer Börse, diskutieren die Rolle des starken Franken und erörtern, ob eine Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) notwendig ist, um die Aktienmärkte anzukurbeln. Erfahren Sie, warum Schweizer Wertpapiere derzeit gemieden werden und was dies für Anleger bedeutet.

Wir haben festgestellt, dass die weltweiten Indizes vor kurzem neue Rekorde aufgestellt haben (Dax, CAC 40, DJIA, S&P500 usw.), mit einer Ausnahme für den Ftse 100. Alle ... mit Ausnahme der Schweizer Börse, die weit von ihren Höchstständen entfernt bleibt.

Die Schweizer Börse notiert tatsächlich rund 10% unter dem Allzeithöchst von Ende 2021. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten Schweizer Aktien im internationalen Vergleich gut mithalten. Die Gründe für die anschliessend enttäuschende Entwicklung liegen einerseits im starken Schweizer Franken, welcher sich in der Periode 2022 – 2023 um 8% gegenüber dem USD und 10% gegenüber dem EUR aufgewertet hat, sowie in der schwachen Geschäftsentwicklung der Indexschwergewichte Roche und Nestlé.

Warum also eine solche Abneigung gegen Schweizer Wertpapiere?

Der starke Franken führte dazu, dass die Resultate der Schweizer Unternehmen in den beiden letzten Jahren stagnierten, während die Gewinne in den anderen Regionen im zweistelligen Bereich zulegen konnten. Die unterdurchschnittliche Entwicklung des Schweizer Aktienmarktes ist also durchaus fundamental begründet.

Ist der Schweizer Franken zu stark und schreckt er die Anleger ab?

Langfristig legt der Franken gegenüber dem USD und EUR rund 2.5% p.a. zu. Seit dem Jahr 2022 betrug die Aufwertung jedoch fast das Doppelte. Dies führte zu einer Stagnation der Unternehmensgewinne. Wieso die Anleger aktuell einen Bogen um Schweizer Aktien machen, ist in der starken Gewichtung von defensiven Sektoren begründet. Die Investoren richten ihren Fokus aktuell auf zyklische Unternehmen und den Technologiesektor, während grosse Pharmawerte und Nahrungsmittelhersteller vernachlässigt werden.

 

Preis in CHF für EUR 1

Schweizer Aktien haben doch viele Vorteile, darunter eine solide Dividendenpolitik?

Die Dividendenausschüttungen der Schweizer Unternehmen werden seit Jahren kontinuierlich erhöht. Die Dividendenrendite des Schweizer Aktienmarktes beträgt aktuell 3%, was im Vergleich mit der Rendite von 10-jährigen Eidgenossenanleihen von 0.8% äusserst attraktiv ist.

Entmutigt die Geldpolitik der SNB in der Schweiz die Anleger?

Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Geldpolitik der SNB hat dazu geführt, dass die Inflation in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr tief ist. Im Januar wurde ein Anstieg der Konsumentenpreise um 1.3% publiziert, was sogar deutlich unter dem Inflationsziel der SNB liegt. Dies könnte dazu führen, dass die SNB als erste der grossen Zentralbanken ihre Leitzinsen senkt.

Braucht es eine Zinssenkung, um die Schweizer Börse wieder nach oben zu treiben?

Eine Zinssenkung würde sicher helfen, vor allem dann, wenn die SNB hier eine Vorreiterrolle einnehmen würde. Die Aussicht auf baldige Zinssenkungen in der Schweiz hat bereits dazu geführt, dass sich der Schweizer Franken gegen USD und EUR seit Jahresanfang leicht abgeschwächt hat. Sinkende Zinsen und ein leicht schwächerer Franken werden in diesem Jahr zu einer Outperformance von Schweizer Aktien führen.

Ist das Ende der Rekorde für die Aktienmärkte erreicht? Die Wall Street sah ihre Hoffnungen auf Zinssenkungen am Montag gedämpft, als die Inflationszahlen präsentiert wurden.

Unserer Meinung nach ist das Ende der Rekorde an den Aktienmärkten nicht erreicht. Die Investoren verschieben ihre Erwartungen bezüglich den ersten Zinssenkungen praktisch nach jeder Publikation von Inflations- oder Arbeitsmarktdaten. Fakt ist jedoch, dass die Geldpolitik vor dem Hintergrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung viel zu restriktiv ist. Die "neutralen" Leitzinsen, dies entspricht dem Zinsniveau, welches das Wirtschaftswachstum weder bremst noch stimuliert, sollten in den USA bei ca. 2% (aktuell 5.5%), in Europa bei 1.5% (aktuell 4%) und in der Schweiz bei 1% (aktuell 1.75%) liegen. Je länger die Zentralbanken mit ersten Zinssenkungen zuwarten, desto kräftiger werden diese ausfallen.